Radverkehrsprogramm Leinfelden-Echterdingen - bitte nicht nur schöne Worte!
Die Linie Burgstraße/Christophstraße bildet die wichtigste Radroute durch Echterdingen in Nord-Süd-Richtung. Nun soll auch die südliche Burgstraße als verkehrsberuhigter Bereich gestaltet werden. Für Radfahrende bedeutet das Schrittgeschwindigkeit.
Vor kaum mehr als sechs Wochen wurde das Radverkehrsprogramm Leinfelden-Echterdingen verabschiedet, um “die Attraktivität und Leistungsfähigkeit des Radverkehrs weiter zu fördern”. Dort sind auch Grundsätze der Radverkehrsplanung aufgeführt wie die “Direktheit: Radfahrende sollen zügig und direkt fahren können. Umwege, Hindernisse und sonstige kritische Stellen, an denen Radfahrende Zeit verlieren, sollen auf ein Minimum reduziert werden.”
Nun bietet sich die Gelegenheit, mit der Neugestaltung der südlichen Burgstraße den selbst gesteckten Zielen des Radverkehrsprogramms Rechnung zu tragen. Die Burgstraße, als Verlängerung der Christophstraße, ist die wichtigste Nord-Süd-Achse im Radverkehr. Sie verbindet die Echterdinger Ortsmitte mit dem Bahnhof und wurde auch im Radverkehrsprogramm so markiert. Doch die jetzt vorgelegten Pläne weisen genau in die andere Richtung: auch der südliche Teil der Burgstrasse soll in einen verkehrsberuhigten Bereich umgewandelt werden. Welche Konsequenzen das für Radfahrende hat, wird in der Sitzungsvorlage 2022/0191 für den Technischen Ausschuss am 15.11.2022 wie folgt beschrieben:
"In einem verkehrsberuhigten Bereich muss die bauliche Trennung von Fuß-, Rad- und PKW-Verkehr aufgehoben werden und Zufußgehende dürfen die Straße in ihrer gesamten Breite benutzen. Durch die besondere Gestaltung und den niveaugleichen Ausbau muss der Eindruck vermittelt werden, dass die Aufenthaltsfunktion überwiegt und der Fahrzeugverkehr eine untergeordnete Rolle einnimmt. Es ist nur noch Schrittgeschwindigkeit zulässig und das Parken ist nur in gekennzeichneten Bereichen erlaubt."
Für die Mehrheit der Radfahrenden ist eine Radroute, die Schrittgeschwindigkeit vorschreibt und auf der der Radverkehr eine "untergeordnete Rolle" spielt, nicht diskutierbar. Leider ist die Strecke alternativlos, denn wer würde den Radverkehr guten Gewissens auf die stark befahrene Hauptstraße verlegen wollen? Unsichere Zukunftsvisionen wie Aussichten auf eine neue Nord-Süd-Straße helfen nicht weiter, denn wer den Radverkehr ernsthaft fördern will, muss jetzt sofort handeln.
Der ADFC auf den Fildern hat sich bereits im vergangenen Jahr gegen diese fahrradunfreundliche Lösung ausgesprochen und sich für Alternativen eingesetzt, die auch die Interessen der Radfahrenden hinreichend berücksichtigen - leider ohne Erfolg.
Radfahrende nicht zu Regelverletzungen provozieren
In den Diskussionen ist immer wieder zu hören, dass die Radfahrenden sich sowieso nicht an die Regeln halten würden und dass sie dann "halt einfach schneller" durch die Burgstraße fahren werden. Aber ist das der richtige Ansatz? Den Radverkehr, den man ja eigentlich fördern will, von vorneherein in die nicht rechtskonforme Ecke zu stellen? Inzwischen wird darüber diskutiert, dass Schrittgeschwindigkeit gar nicht mehr Tempo 7 km/h, sondern Tempo 15 km/h bedeutet. Tatsächlich findet man dies in vielen Urteilen. Aber kann sich ein Radfahrender darauf berufen, sollte er in einen Unfall verwickelt sein? Wir wollen, dass alle ganz legal radfahren dürfen!
Radverkehrsprogramm Leinfelden-Echterdingen darf nicht untergraben werden
Die Burgstraße ist Teil des örtlichen Radnetzes. Wenn Technischer Ausschuss bzw. Gemeinderat sich dafür entscheiden sollten, diese Route durch einen Rückbau auf Schrittgeschwindigkeit abzuwerten, wäre dies mit den Zielen des Radverkehrsprogramms nicht vereinbar. Es bleibt abzuwarten, ob sich das formale Bekenntnis zum Radverkehrsprogramm auch dann noch als belastbar erweist, wenn es jetzt darum geht, das Programm mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen. Eine Entscheidung, die Burgstraße in einen verkehrsberuhigten Bereich umzuwandeln, wäre ein Schritt in die falsche Richtung.